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Der Beschluss der Kommission, mit dem die Registrierung der geplanten Europäischen Bürgerinitiative "Stop TTIP" abgelehnt wurde, ist nichtig. Die geplante Bürgerinitiative stelle keine unzulässige Einmischung in den Gang des Gesetzgebungsverfahrens dar, sondern löse zur rechten Zeit eine legitime demokratische Debatte aus, urteilte das Gericht der Europäischen Union am 11.05.2017 (Az.:T-754/14).
Im Juli 2014 beantragte ein Bürgerausschuss bei der Kommission, die geplante Europäische Bürgerinitiative "Stop TTIP" zu registrieren. Mit dieser Initiative wird die Kommission im Wesentlichen aufgefordert dem Rat zu empfehlen, das ihr erteilte Verhandlungsmandat für die Abkommen TTIP und CETA aufzuheben und diese nicht abzuschließen. Die Kommission lehnte mit Beschluss vom 10.09.2014 die Registrierung der geplanten Bürgerinitiative ab, da diese außerhalb ihrer Befugnisse liege, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union unterbreiten zu können, um die Verträge umzusetzen. Der Bürgerausschuss klagte daraufhin vor dem Gericht der Europäischen Union.
Das Gericht der Europäischen Union hat der Klage stattgegeben und den Beschluss der Kommission für nichtig erklärt. Der Beschluss zur Aufnahme von Verhandlungen über den Abschluss eines internationalen Abkommens (wie TTIP und CETA), das unbestreitbar eine Änderung der Rechtsordnung der Union herbeiführen soll, sei ein Rechtsakt von grundlegender demokratischer Bedeutung, der Gegenstand einer Europäischen Bürgerinitiative sein könne. Es bestehe kein Grund, Rechtsakte von dieser demokratischen Debatte auszuschließen, die auf die Aufhebung eines Beschlusses abzielen, mit dem der Aufnahme von Verhandlungen über den Abschluss eines internationalen Abkommens zugestimmt werde. Gleiches gelte für Rechtsakte, mit denen die Unterzeichnung und der Abschluss eines solchen internationalen Abkommens verhindert werden soll. Das mit der Europäischen Bürgerinitiative verfolgte Ziel liege darin, den Unionsbürgern zu ermöglichen, ihre Mitwirkung am demokratischen Leben in der Union zu verstärken.
Diese Möglichkeit zuzulassen, verstoße auch nicht gegen den Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts, da der Kommission die Entscheidung obliege, ob sie einer registrierten und mit den erforderlichen Unterschriften versehenen Europäischen Bürgerinitiative Fortgang gewähre, indem sie in einer Mitteilung ihre rechtlichen und politischen Schlussfolgerungen zu der Bürgerinitiative sowie ihr eventuelles weiteres Vorgehen beziehungsweise den Verzicht auf ein weiteres Vorgehen und die Gründe hierfür darlege. Die Kommission könne dem Rat den Erlass von Rechtsakten vorschlagen, auf die die Bürgerinitiative abziele. Entgegen den Ausführungen der Kommission wären die Unionsorgane in einem solchen Fall nicht gehindert, neue Entwürfe transatlantischer Freihandelsabkommen zu verhandeln und die Abkommen sodann abzuschließen.
Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union (Az.:T-754/14).finden Sie im Volltext auf den Internetseiten der Europäischen Justiz.
Schiffbauer, Mehrheitserfordernisse für Abstimmungen im Rat über TTIP, CETA & Co., EuZW 2016, 252
EU-Kommission: Keine Benachteiligung europäischer Kultur in CETA, MMR-Aktuell 2015, 365674
Mayer/Ermes, Rechtsfragen zu den EU-Freihandelsabkommen CETA und TTIP, ZRP 2014, 237
EU-weite Bürgerinitiative gegen TTIP bleibt ungewiss, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 14.09.2016, becklink 2004360
Verfassungsbeschwerde gegen Freihandelsabkommen CETA auf dem Weg, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 19.04.2016, becklink 2003023
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