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Die Pop-up-Radwege im Berliner Stadtgebiet müssen vorerst nicht zurückgebaut werden. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 06.01.2021 in einem Eilverfahren entschieden und den Beschluss des Verwaltungsgerichts aufgehoben. Auf der Grundlage nachgereichter Unterlagen zur Gefahrenprognose kam das OVG zudem Ergebnis, dass die Sicherheitsbelange in der Abwägung überwiegen.
Das Verwaltungsgericht hatte dem Antrag eines Verkehrsteilnehmers auf Beseitigung der temporären Radfahrstreifen stattgegeben, weil die zuständige Senatsverwaltung die Voraussetzungen für die Einrichtung der Verkehrsanlagen nicht hinreichend dargelegt hatte. Radwege dürften nur dort angeordnet werden, wo Verkehrssicherheit, Verkehrsbelastung und/oder der Verkehrsablauf ganz konkret auf eine Gefahrenlage hinwiesen und die Anordnung damit zwingend erforderlich sei. Im Beschwerdeverfahren hat die zuständige Senatsverwaltung erstmals die erforderliche Gefahrenprognose unter anderem durch Verkehrszählungen und Unfallstatistiken belegt sowie die straßenverkehrsbehördlichen Anordnungen durch verkehrsbezogene Ermessenerwägungen ergänzt.
Das OVG hat der Beschwerde der Senatsverwaltung gegen den VG-Beschluss stattgegeben. Unter Berücksichtigung der nunmehr vorgelegten Unterlagen sei der VG-Beschluss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Ergebnis fehlerhaft. Der Antragsgegner habe jetzt zutreffend auf die Kriterien der Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen abgestellt, um die Gefahrenlagen anhand der jeweils ermittelten Verkehrsstärken im Verhältnis zu den gefahrenen Geschwindigkeiten beurteilen zu können. Danach seien die maßgeblichen Straßenzüge überwiegend den Belastungsbereichen III oder IV zuzuordnen, bei denen eine Trennung des Radverkehrs vom Kraftfahrzeugverkehr aus Sicherheitsgründen gefordert sei. Dieser öffentliche Belang überwiege die privaten Interessen des Antragstellers.
Als eigenen Belang habe er lediglich pauschal geltend gemacht, sich wegen Staus nicht in gewohnter Weise durch das Stadtgebiet bewegen zu können. Die von ihm zum Nachweis der behaupteten Fahrzeitverlängerung im Beschwerdeverfahren nachgereichten Zahlen bezögen sich auf das gesamte Land Berlin und das Jahr 2019. Sie seien deshalb bereits im Ansatz ungeeignet, Stauzeiten durch die erst im Frühjahr 2020 angelegten Radfahrstreifen auf den hier maßgeblichen Straßenabschnitten zu belegen. Nach den vom Antragsgegner für die konkreten Straßenabschnitte eingereichten Unterlagen verlängerten sich die Fahrzeiten nur minimal. Dies sei vom Antragsteller bis zur Entscheidung über seine Klage hinzunehmen.
Klinger/Ernst, Pop-up-Radwege im Straßenverkehrsrecht, ZUR 2020, 674
OVG Berlin-Brandenburg, Rechtmäßigkeit von Berliner Pop-up-Radwegen, BeckRS 2020, 25664
VG Berlin, Verkehrszeichen, Pop-up-Radweg, Gefahrenlage, Darlegung, Folgenbeseitigungsanspruch, BeckRS 2020, 21849
Pop-up-Radwege in Berlin dürfen vorerst bleiben, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 07.10.2020, becklink 2017690
Corona ist kein ausreichender Grund für "Pop-up-Radwege" in Berlin, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 07.09.2020, becklink 2017382